Lesetipps Newsletter September 2019

     

 

Michael Seewald, Reform – Dieselbe Kirche anders denken, Herder-Verlag, Freiburg im Breisgau 2019.

Die katholische Kirche steht unter grossem Druck, sich zu verändern. Die Liste der Themen, über die gestritten wird, ist lang: die Rechte von Frauen, die Bewertung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, die Mitwirkung von Laien. Michael Seewald – Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Münster/Westfalen und jüngster Theologieprofessor in Deutschland – macht in seinem neuen Buch deutlich: Die Kirche könnte beweglicher sein, als sie sich derzeit gibt. Denn die Diskussion über Reformen bewegt sich in einem dogmatisch verengten Rahmen, der sich selbst als alternativlos katholisch setzt, aber in Wirklichkeit nur eine unter vielen Möglichkeiten darstellt, Theologie zu treiben. Dazu sagt Michael Seewald u. a.:

»Die Rufe nach Reform, die manchem in der Kirche lästig erscheinen, lassen sich nicht einfach in die Verfallsnarrative angeblichen Unglaubens einordnen. Im Gegenteil: Der Einsatz für Reformen in der Kirche deutet auf eine gesteigerte Sensibilität für Missstände und ein religiös vitales Interesse an ihrer Beseitigung hin.«

Dieses spannende Buch zeigt in einer gut verständlichen Sprache, wie es der katholischen Kirche möglich ist, sich grundlegend zu reformieren und zugleich sie selbst zu bleiben.

 

Daniel Bogner, Ihr macht uns die Kirche kaputt … … doch wir lassen das nicht zu! Herder-Verlag, Freiburg im Breisgau 2019.

Keine Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal, überkommene kirchliche Strukturen, Zölibat, Machtausübung in der Kirche, keine Beteiligung von Laien und immer wieder die Frauenfrage. Viel zu lange haben Bischöfe, Kardinäle und der Papst den Aufbruch nur gepredigt, ohne dass den Worten Taten gefolgt sind. Daniel Bogner, Professor für Moraltheologie und Ethik an der Universität Fribourg, analysiert Gründe dafür und die verheerenden Folgen. Er zeigt, wie Kirche verlorenes Vertrauen wiedergewinnen und den Anschluss an die Moderne schaffen kann, ohne sich selbst zu verraten. Dies ist keines der üblichen Kirchenkritik-Bücher oder selbstmitleidiges Reform-Gejammer, sondern es stellt und beantwortet die entscheidende Frage: Wem gehört die Kirche eigentlich? Hier redet einer nicht nur, sondern stösst die dringend notwendige kirchliche Erneuerung an. Es wird Zeit, dass sich die Gläubigen endlich die Kirche zurückholen.

Zentral sind für Daniel Bogner die Fragen:

  • Was macht die gegenwärtige Situation mit den Betroffenen, in allererster Linie mit denen, die eigentlich gerne Kirche sein wollen?
  • Welche Möglichkeiten bleiben ihnen angesichts der immer verfahreneren Situation?
  • Und wie ist das alles vor dem Horizont der allein ausschlaggebenden biblischen Sendung der Kirche zu bewerten?

Das Buch ist ein Weckruf für alle, denen Kirche und christlicher Glaube etwas bedeuten. Eine Kirchenreform ist dringend notwendig und wenn sie nicht von oben angestossen wird, dann ist es Aufgabe und Pflicht der gläubigen Laien, alles dafür zu tun, dass eine Erneuerung in Gang kommt. Wenn Kinder wieder eine Kirche erfahren sollen, der sie Vertrauen schenken können, dann muss der Umbruch jetzt angestossen werden. Der dreifache Familienvater sieht sich in der Verantwortung: „Sie fragen mich heute schon: Was tust du als Theologe, damit es anders wird? Ich muss für das kämpfen, was mir wichtig ist – auch in der Kirche.“