Vier inspirierende Texte aus dem neuen Band mit geistlicher Lyrik des Priesterpoeten Andreas Knapp (*1958) «Mit Pauke und Salböl. Gedichte zu Frauen der Bibel» (Echter: Würzburg 2021) mögen Sie begleiten durch die Tage und Nächte bis zum Christfest und darüber hinaus:
des engels botschaft
vorgeburtlich schon
ist furcht uns eingewoben
bis unter die herzhaut
in unsern stärksten stunden
ein zittern bleibt
im binnenraum
die bergendsten arme
bewahren uns nicht
vor der kälte der angst
wir können nicht leben
ohne den wärmenden hauch
fürchte dich nicht
unterwegs zum kind
eine junge frau
traut dem geflügelten wort
wird empfänglich für das unbegreifliche
mit den augen eines kindes
ein mann voller pläne
die im traum schon zerbrechen
verzichtet auf begreifen
vertrauensselig wie ein kind
hirten in nachtbereitschaft
melodie liegt in der luft
noch ergreifender
als ein lied aus kindertagen
himmelsgelehrte aus dem orient
tausend und eine nacht lang
greifen sie schon nach den sternen
knien ergriffen vor einem kind
magnificat
meine seele preist die grösse dessen
der sich ganz klein machen kann
und mein körper bebt vor freude
über meinen so umwerfenden gott
denn für den himmlischen ball
hat er nicht die reichen und schönen
sondern die unscheinbaren und
vergessenen erwählt
den aufgeblasenen aber
lässt er die heisse luft ab
die grössenwahnsinnigen
werden des todes fette beute
die niedergetrampelten
wärmt er mit seinem atemhauch
und das knurren der mägen
wandelt sich in wohliges glucksen
wer gross rauskommen will
geht verschrumpelt ein
wer andere klein macht
erniedrigt gott
wer ihn indessen gross sein lässt
darf dankbar staunen über
der andern und
die eigne grösse
Geistesgegenwart
Windhauch Windhauch
alles wär Windhauch
ohne den Geist
der von innen belebt
Über den stillen Urwassern
wie mit Vogelschwingen
die Schöpfung erbrütend
ewig weibliche Gottesgespielin
Wie ein Weberschiffchen flinken Flugs
die Fäden hin und her verbindet,
so knüpfst du heimlich das grosse Netz
zwischen allen Gotteshungrigen
Sprachengenie der Liebe
Wortschöpferin für das Unaussprechliche
feuertrunken von dir wird jede Zunge bewegt
und das WORT selbst eingefleischt
«Die Spuren zu meinen spirituellen Quellen führen nach Nazaret»: Davon erzählt Andreas Knapp in: Wer alles gibt, hat die Hände frei. Mit Charles de Foucauld einfach leben lernen (München: bene! 2021, 173 S.)